Die älteste bekannte Durchführung einer Operation zur Behandlung von Krebs stammt aus der Zeit um 1600 v. Chr. im alten Ägypten. Natürlich sind chirurgische Eingriffe heute dank hoch entwickelter chirurgischer Instrumente und Verfahren sowie Anästhesie, Sterilisation (Antisepsis) und Antibiotika viel humaner als in jenen frühen Zeiten.

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Schulmedizinische Onkologen betrachten Chirurgie als die erste und beste Behandlungsoption für die meisten Frühphasen-Tumoren. Wenn der Tumor klein ist und langsam wächst, kehrt er möglicherweise nach der Operation nie mehr zurück. Eine chirurgische Behandlung ist auch sinnvoll für das Entfernen großer lokalisierter Tumoren, da dies die Tumorbelastung senkt und dazu beträgt, weiteres Tumorwachstum zu verhindern. Bei solchen großen Tumoren muss jedoch häufig sehr viel gesundes Gewebe mit entfernt werden, einschließlich Teilen von Organen oder ganzer Organe und möglicher Metastasenlokalisationen.

In den letzten Jahrzehnten haben Verbesserungen bei den Screening-Verfahren und Operationstechniken die Indikationen für eine chirurgische Behandlung von Krebs deutlich erweitert. Zu den heutigen Verfahren gehören neue Methoden der konservativen Chirurgie, rekonstruktive Chirurgie, Laserchirurgie und Mikrochirurgie. Das Einsatzgebiet der rekonstruktiven Chirurgie, bei der sowohl die Struktur als auch die Funktion von entfernten Organen wiederhergestellt wird, vergrößert sich ständig.

Dennoch sind operative Eingriffe in den folgenden Fällen nicht sinnvoll:

  • SurgeryWenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden kann, weil er lebenswichtige Strukturen oder Organe befallen hat (z. B. Hirntumoren)
  • Wenn die Operation übermäßig traumatisch wird, wie beim Kehlkopfkrebs (wo sie das Sprechen und Schlucken beeinträchtigt)
  • Wenn das chirurgische Verfahren dadurch erschwert ist, dass der Tumor an einer unzugänglichen Stelle sitzt

Operationen sind mit verschiedenen Komplikationen verbunden, die teilweise tödlich sein können. Das betrifft unter anderem Kreislauf- und Atemstörungen, akuten Myokardinfarkt, Lungenthrombembolie und gelegentlich Pleuritis. Eine weitere wichtige Gruppe von Komplikationen sind Wundinfektionen, die ein hohes Mortalitätsrisiko haben. Manche Patienten lehnen eine Operation aufgrund des Tumorstadiums ab, in der Regel wegen eines schlechten Gesundheitszustands. Patienten können also von Ernährungsumstellungen und einer Änderung der Lebensweise vor der Operation profitieren, um zunächst den Körper zu stärken. Darüber hinaus wird oft eine sorgfältige Prüfung möglicher Funktionsstörungen von Körpersystemen empfohlen.  

Vorzüge der photodynamischen Therapie gegenüber Operationen

Die photodynamische Therapie (PDT) ist oft die bessere Wahl gegenüber einer Operation, wenn es um bestimmte Formen von Hautkrebs geht (insbesondere oberflächliches Basalzellkarzinom), weil der Licht-basierte Ansatz nicht die Haut oder andere Strukturen schädigt. Ein chirurgischer Eingriff kann dagegen zu erheblicher Morbidität führen, und es bleibt häufig eine narbige und beschädigte Haut zurück. Die PDT hat auch ein besseres kosmetisches Ergebnis bei der Behandlung von Hautkrebs. Aber das Argument, dass PDT ist die ideale Alternative zu einer Operation ist, reicht weit über die kosmetische Ebene hinaus. Mit gezielten photodynamischen Behandlungsmethoden kann man das gleiche Ergebnis erzielen wie mit einer Operation, nur ohne die Probleme (z. B. Immunsuppression und Morbidität), die mit einer Operation einhergehen können. Wenn Tumoren mit PDT, PIT oder Laserthermie behandelt werden, wird ein Prozess in Gang gesetzt, der die fortschreitende Zerstörung der Zellen im Tumor bewirkt, vor allem durch verschiedene Zelltod-Prozesse. Gleichzeitig wird die Blutgefäßversorgung des Tumors abgeschnürt, wodurch die Tumorzellen durch einen als Nekrose bezeichneten Prozess abzusterben beginnen. Andere Tumorzellen erleiden eine Art von programmiertem Zelltod, ein Zell-Selbstmordprogramm (Apoptose), während wieder andere absterben, weil sie durch ihre eigenen Enzyme abgebaut oder „verdaut“ werden (Autophagie). Von diesen drei Arten von Zelltod ist die Nekrose am wichtigsten für das Anlocken der Immunzellen, die letztlich helfen, den Tumor zu vernichten. Während sich der Tumor abzubauen beginnt, setzt er Proteine frei,​ so genannte Tumorantigene, die schließlich zu Zellen des Immunsystems transportiert werden, die als dendritische Zellen bezeichnet werden. Die dendritischen Zellen nehmen diese Antigene auf und präsentieren sie anderen Teilen des Immunsystems. Dies schafft die Voraussetzung dafür, dass das gesamte Immunsystem auf den vorhandenen Krebs aufmerksam gemacht wird. Allerdings können die dendritischen Zellen diese wichtige Aufgabe nur erfüllen, wenn bestimmte andere Faktoren, so genannte „Alarmsignal“-Moleküle oder Mustererkennungsmoleküle (Danger-Associated Molecular Pattern) ebenfalls vorhanden sind. Genau diese Signale werden beim Prozess der photodynamischen Behandlung ausgelöst. Auch wenn also die PDT den Tumor direkt angreift, sind ihre wichtigeren Effekte möglicherweise indirekt: Sie trainiert das Immunsystem darauf, mikroskopische Cluster von Krebszellen (Mikrometastasen) zu erkennen und zu beseitigen, die in andere Teile des Körpers abgesiedelt sind. Diese Cluster bilden die Keimzelle für künftiges Metastasenwachstum. Insbesondere dann, wenn die PDT mit anderen das Immunsystem stärkenden Strategien kombiniert wird, ist ihr Gesamteffekt nicht auf die Zerstörung des Tumors beschränkt, sondern kontrolliert auch Krebs, der sich auf andere Teile des Körpers ausgebreitet hat. Durch Unterstützung der Fähigkeit des Körpers, Mikrometastasen zu eliminieren, kann man einem Übergehen der malignen Erkrankung in eine spätere und tödliche Form entgegenwirken.  

Eine mögliche künftige Strategie

Angesichts der möglichen negativen Folgen größerer Operationen könnte man berechtigterweise dafür eintreten, Krebserkrankungen in einem frühen Stadium überhaupt nicht zu operieren, insbesondere solche ohne aggressive Tumormerkmale. Viele Brust- und Prostatatumoren beispielsweise bleiben entweder stumm oder verschwinden von selbst wieder. Diese Tumoren würden nie in eine aggressive Krankheit übergehen, und somit unterziehen sich alljährlich viele Tausende von Menschen unnötigen Operationen wegen Screening-Verfahren, bei denen diese Tumoren erkannt werden. Eine Möglichkeit für die Zukunft wäre es, Operationen mit Zustimmung des Onkologen aufzuschieben und es stattdessen mit den photodynamischen und Photoimmun-Methoden PDT, PIT und SYLT zu versuchen, die zu einer langsamen, aber unaufhaltsamen Zerstörung von Tumoren führen, wie wir dies im vorhergehenden Abschnitt beschrieben haben. Eine für viele akzeptablere Strategie könnte darin bestehen, chirurgisch sehr konservativ vorzugehen und die Masse des Tumors zu entfernen, während die Resterkrankung einschließlich Krebszellen in der Umgebung (oder um die Tumorgrenze), die für das Auge des Operateurs unsichtbar sind, photodynamisch behandelt wird. Natürlich müssen viele Tumoren in bestimmten Situationen chirurgisch entfernt werden. Gehirntumoren beispielsweise können weiter wachsen und die normalen Hirnstrukturen befallen; für solche Tumoren könnte die fluoreszenzgestützte Chirurgie (FGS) sinnvoll sein. Für andere Tumoren wäre eventuell der langsamere Ansatz der PDT geeigneter. Man könnte mit guten Gründen dafür plädieren, dass man, wenn sich ein Tumor über viele Jahre entwickelt, ebenso langsam und überlegt bei seiner Beseitigung vorgehen sollte. Bei allmählicher Auflösung des Tumors mit Hilfe der Immun-PDT oder dessen Zerstörung mit klassischer PDT könnte die Wahrscheinlichkeit größer sein, dass die Erkrankung vollständig beseitigt wird und bessere langfristige Remissionen erreicht werden. Zur Klarstellung: Wir lehnen in keiner Weise eine Operation als Behandlungsoption ab. Die Chirurgie spielt nach wie vor eine sehr wichtige Rolle, wenn es sich um große Tumoren handelt (Debulking, Reduktion der Tumormasse) oder wenn ein lebenswichtiges Organ und möglicherweise die normale Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden. Dennoch kann es viele Situationen geben, in denen die PDT sowie auch die Immun-PDT ausreichend sein kann, vor allem angesichts der Tatsache, dass die Behandlung zugleich mit dem Abbau des Tumors auch die Anti-Krebs-Immunabwehr aktiviert. Wie oben erwähnt, ist ein Schwerpunkt des photodynamischen Ansatzes zur Krebsbekämpfung das Training oder „Scharfschalten“ des Immunsystems, so dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens in der Zukunft deutlich verringert wird. Die PDT zeichnet sich gegenüber anderen anerkannten therapeutischen Ansätzen durch die Fähigkeit aus, eine Antikrebsimmunität für den gesamten Körper zu fördern. Diese Fähigkeit hat ein wachsendes Interesse an zwei vielversprechenden Modalitäten auf der Basis der PDT geweckt, nämlich der Photoimmuntherapie (PIT) und PDT-basierten Impfstoffen gegen Krebs. Auch wenn der Löwenanteil der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit der PDT gilt, wendet sich das Forschungsinteresse heute verstärkt auch anderen Formen einer gezielten Licht-basierten Therapie und der Frage zu, wie sie die PDT und andere Behandlungsansätze unterstützen kann. Unterstützen Sie uns mit dem Kauf unseres Buchs Die Medizin des Lichts und von E-Books unserer eBook-Reihe Photoimmune Discoveries.